Cannabis bei Appetitlosigkeit in der HIV-Therapie
Cannabis bei Appetitlosigkeit in der HIV-Therapie
Seit mehr als 30 Jahren erinnert der Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember an die Rechte von HIV-positiven Menschen und ruft zu einem respektvollen Miteinander ohne Vorurteile und Ausgrenzung auf. Gleichzeitig wurde in den vergangenen Jahrzehnten umfangreiche Forschung betrieben, um die medikamentöse Behandlung von Menschen mit HIV zu verbessern.
Die medizinische Verwendung von Cannabis ist unter HIV-Patienten weit verbreitet. Häufig wird Cannabis zur Linderung von Übelkeit, Schlafstörungen, Muskel- und Skelettschmerzen sowie neuropathischen Schmerzen eingesetzt. Auch bei psychischen Beschwerden wie Angstzuständen und Depressionen oder zur Verringerung von Nebenwirkungen wichtiger HIV-Medikamente kommt Cannabis zum Einsatz [1].
Klinische Studien belegen die Wirksamkeit von Cannabinoiden bei der Behandlung HIV-bedingter Beschwerden wie neuropathischen Schmerzen und Übelkeit [1]. Eine randomisierte klinische Studie aus dem Jahr 2005 zeigte zudem, dass sowohl die Inhalation von Cannabisblüten als auch die Einnahme oraler Cannabispräparate den Appetit bei HIV-Patienten verbessern können [2].
Die appetitanregende Wirkung von Cannabinoiden wird vermutlich über körpereigene Cannabinoid-Rezeptoren im Hypothalamus ausgelöst [3]. In einer placebo-kontrollierten Studie aus dem Jahr 2012 wurden die Effekte von Cannabis auf Appetithormone bei HIV-Patienten näher untersucht. Die Ergebnisse zeigten signifikante Veränderungen bei den Appetithormonen Ghrelin, PYY und Leptin nach der Inhalation von Cannabisblüten [3].
Einen wichtigen Hinweis für die ärztliche Praxis liefert eine klinische Studie der Columbia University aus dem Jahr 2010: Die orale Einnahme von THC erhöhte bei HIV-positiven Cannabisrauchern sicher und effektiv die Kalorienaufnahme. Allerdings schien die wiederholte orale Einnahme von Dronabinol zu einer Toleranz gegenüber den appetitanregenden THC-Wirkungen zu führen [4].
Künftige Studien und individuelle Erfahrungen aus der ärztlichen Praxis können helfen, spezifische Darreichungsformen und Dosierungsschemata festzulegen, die diese Toleranz bestmöglich verhindern und den wichtigen appetitanregenden Effekt von Cannabis für HIV-Patienten dauerhaft aufrechterhalten.
Disclaimer:
Die aufgeführten Informationen dienen ausschließlich der allgemeinen Aufklärung und ersetzen keinen medizinischen Rat von Ärztinnen und Ärzten. Potenzielle Anwendungsgebiete und Wirkweisen von Cannabis, basierend auf wissenschaftlichen Untersuchungen, stellen keine Wirk- oder Heilversprechen dar. Sie sollten in keinem Fall als Aufforderung zur Einnahme von Cannabis ohne ärztliche Begleitung verstanden werden. Der Einsatz von Cannabis erfordert eine umfassende Betrachtung des Menschen und ist daher stets eine individuelle Entscheidung des behandelnden medizinischen Fachpersonals.
➡️ Quellen:
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- Leinen ZJ et al. (2023). Therapeutic Potential of Cannabis. Biomedicines, 11(10):2630. doi: 10.3390/biomedicines11102630.
- Haney M et al. (2005). Dronabinol and marijuana in HIV(+) marijuana smokers. Psychopharmacology (Berl), 181(1):170-8. doi: 10.1007/s00213-005-2242-2.
- Riggs PK et al. (2012). Effects of cannabis on appetite hormones in HIV-infected men. Brain Res, 1431:46-52. doi: 10.1016/j.brainres.2011.11.001.
- Bedi G et al. (2010). Efficacy and tolerability of high-dose dronabinol in HIV-positive marijuana smokers. Psychopharmacology (Berl), 212(4):675-86. doi: 10.1007/s00213-010-1995-4.